Der britische Fotograf Carl Warner zaubert in seinen Bildern aus profanen Lebensmitteln überraschend realistisch wirkende Landschaften. Erst bei genauerem Hinschauen entpuppt sich beispielsweise das grüne Gewirr einer Urlandschaft als Komposition aus Staudensellerie und Petersilie. Ein anderes Mal stellt der Betrachter verwundert fest, dass das vermeintlich abgelichtete Bergidyll in Wirklichkeit aus Brokkoli-Bäumen, Brot-Bergen und Blumenkohl-Wolken besteht.

Wie alles begann
Vor mehr als 10 Jahren begann Warner mit der Entwicklung seiner ersten Lebensmittellandschaften, die er selbst als „Foodscapes“ bezeichnet. Nach eigener Aussage inspirierten ihn damals Pilze, die er auf einem Wochenmarkt entdeckte, zu dieser besonderen Art der Fotografie. Er pflanzte die langstieligen Pilze kurzerhand in eine Landschaft aus Reiskörnern hinein und fotografierte die Szenerie aus einer stark untersichtigen Perspektive. Heraus kam eine fremdartig anmutende Landschaft, die unschwer Warners Vorliebe für den Surrealisten Salvador Dali erkennen ließ. Im Laufe der Jahre wurden seine Food-Arrangements zunehmend aufwendiger und sorgten in der britischen Presse für Aufsehen. Aus der anfänglichen Freizeitbeschäftigung ist mittlerweile längst ein unermüdliches Abarbeiten der vielen Aufträge geworden. Dies lässt dem gefragten Food-Fotografen daher nur noch wenig Zeit, seine eigenen künstlerischen Bildideen in die Tat umzusetzen.

Materialsuche auf dem Wochenmarkt
Inspiration holt sich Warner auf dem Londoner Wochenmarkt. Hier findet er von Staudensellerie über Petersilie bis zur exotischen Physalis so ziemlich alles, was sein Künstlerherz begehrt. Wichtig ist ihm bei der Auswahl der Bild-Zutaten, dass die Lebensmittel im Idealfall einen Bezug zum Motiv aufweisen. Auf diese Weise werden Heringsfilets zu glitzernden Wogen eines norwegischen Fjords oder Salami- und Schinkenscheiben zu einer typisch toskanischen Hügellandschaft.

„Food-Shooting“ im Atelier
Die Food-Arrangements entstehen in Warners Studio im Süden Londons. Für jede seiner Fotografien sind aufwendige Vorarbeiten nötig. Hilfe erhält der Food-Fotograf daher von seinen Assistenten und einem Foodstylisten. Zusammen werden die einzelnen Elemente eines Bildes oft stundenlang präpariert und arrangiert, bevor Warner zum Fotoapparat greift. Als Vorlage für die Arrangements dienen Skizzen, die bewusst mit Perspektive und Licht arbeiten. Diese Stilmittel der klassischen Malerei sind Warner bestens vertraut, hat er doch ursprünglich an einer Kunsthochschule Illustration studiert, bevor er seine Vorliebe für die Fotografie entdeckte. Nach dem Shooting werden die Lebensmittel, die noch genießbar sind, unter den Mitarbeitern des Studios aufgeteilt oder an eine Initiative weitergegeben, die sich um Obdachlose kümmert.