Italienische Nacht

Ein Volksstück von Ödön von Horváth aufgeführt in der Schaubühne Berlin, in einer Inszenierung von Thomas Ostermeier und Florian Borchmeyer, unter der Regie von Thomas Ostermeier.

Die „Italienische Nacht“ soll ein zwangloses geselliges Beisammensein werden, um die sozialdemokratischen Genossen einer bayerischen Kleinstadt einander „menschlich näherzubringen“. Nicht mehr und nicht weniger plant der Stadtrat Ammetsberger, der den Vorsitz der Lokalgruppe der Sozialdemokraten innehat.
Und daran will er sich nicht hindern lassen. Nicht von den rechtsextremen Gruppierungen, die sich dieser Tage aus dem ganzen Land in dem kleinen Ort zusammenrotten, um einen „Deutschen Tag“ mit paramilitärischen Aufmärschen und bewaffneten Geländeübungen zu begehen.
Und schon gar nicht von den innerparteilichen „Querulanten“ wie der linke Parteiaktivist Martin, der eindringlich vor einer völkisch-faschistischen Machtübernahme warnt. Selbst als er herausfindet, dass die Faschisten das Fest gewaltsam stürmen wollen, wird er mit seinen Mitstreitern als Störenfried vom Fest ausgeschlossen.

Mit dem im Berliner Theater am Schiffbaudamm am 20.03.1931 unter der Regie von Francesco von Mendelssohn uraufgeführten Volkstheater von Ödön von Horváth bringt Thomas Ostermeier zum dritten Mal in Folge nach „Professor Bernhardi“ und „Rückkehr nach Reims“ ein Stück auf die Bühne, das sich mit dem massiven Aufkommen rechter Kräfte und dessen Ursachen beschäftigt.
Ostermeier übernimmt in seiner Inszenierung von Horváths analytischen Blick auf eine Demokratie, die zu einem nicht unwesentlichen Teil durch politisch linke Kräfte zerstört wird, die sich in innerparteilichen Machtkämpfen selbst politischer Stabilität und Einflussnahme berauben. Das scheuklappenblinde Verfolgen eigener Machtinteressen lässt sie jeglichen Bezug zu politischer Realität verlieren und wirkliche Gegner bagatellisieren und verharmlosen, während „der Prophet im eigenen Land“ davon gejagt wird.
Das in den Anfängen oft als Lustspiel missverstandene Stück, das unter den Nationalsozialisten verboten war und erstmals wieder 1967 auf die Bühne kam, wird so von Horváths eigentlicher aufklärerischer Intention gerecht.
In seiner messerscharfen Analyse von Machtgier und politischer Ignoranz ein Stück mit Brisanz, damals wie heute.

Regie: Thomas Ostermeier
Bühne: Nina Wetzel
Kostüme: Ann Poppel
Musik: Nils Ostendorf
Dramaturgie: Florian Borchmeyer
Licht: Urs Schönebaum

Stadtrat: Bernd Hölscher / Hans-Jochen Wagner
Martin: Sebastian Schwarz
Karl: Christoph Gawenda
Leni: Veronika Bachfischer
Anna: Alina Stiegler
Wirtin: Traute Hoess
Adele: Marie Burchard
Kranz: David Ruland
Betz: Lukas Turtur
Engelbert: Johannes Flaschberger
Ein Kamerad aus Magdeburg: Konrad Singer
Faschist: Laurenz Laufenberg
Genossen von Martin: Juri Padel, Andrej Reimann, Benjamin Schröder
Erste Prostituierte, Gattin: Annedore Bauer
Zweite Prostituierte, Gattin: Iris Becher / Inga Wolff
Kind: Lioba Jacoby / Lena Niebur / Greta Preuß

Musiker: Martin Klingeberg, Thomas Witte