Eine Beziehung, ein Wunsch, ein Abgrund

Regisseur Simon Stone bringt seine Neuinterpretation des Stücks „Yerma“ des Dramatikers Federico García Lorca an die Schaubühne. Caroline Peters und Christoph Gawenda brillieren in den Hauptrollen.

Dass Caroline Peters eine hervorragende Schauspielerin ist, hat sie bereits in zahlreichen Theaterengagements und in der Serie „Mord mit Aussicht“ gezeigt. Von der Leichtigkeit, die die Zuschauer der Serie von Peters gewöhnt sind, bleibt in der Neuinszenierung des Stücks „Yerma“ an der Schaubühne allerdings nur anfänglich etwas übrig. Was mit unverbindlichen Gesprächen beginnt, lässt Regisseur Simon Stone spätestens ab der Hälfte des Stücks in eine schockierende Stimmung kippen. Caroline Peters und ihr Schauspielkollege Christoph Gawenda meistern diesen Gefühlswechsel gekonnt.

Die ursprüngliche Form des Dramas „Yerma“ von Federico García Lorca aus dem Jahr 1934 spielte in Andalusien und beschrieb die Leidenswege der zwangsverheirateten Yerma, die sich nichts sehnlicher als ein Kind wünscht. Ihr Mann, ein Landwirt, möchte keinen Nachwuchs und sieht Yerma als Besitz, an dem er seine Triebe ausleben kann.

Simon Stone hat seine Version des Stücks in unsere Gegenwart übertragen und bereits vor fünf Jahren am Young Vic Theatre in London aufführen lassen. Stones deutsche Adaption ist jetzt in Berlin zu sehen.

Yerma (Caroline Peters) hat augenscheinlich alles, was in unserer Gesellschaft anerkannt ist: Sie ist Life-Stile-Bloggerin, deren Erfolg auch darauf beruht, Details aus ihrem Privatleben ins Netz zu stellen. Ihr Partner John (Christoph Gawenda) ist – ganz dem Zeitgeist entsprechend – Start Up-Unternehmer und verbringt seine Zeit gerne außerhalb der eigenen vier Wände. Das gemeinsame Einkommen investiert das Paar in die Ausstattung der Eigentumswohnung. So weit, so oberflächlich. Doch dann kommt Yerma der Gedanke, dass dies nicht alles sein kann, was das Leben zu bieten hat. Erst ein Kind, so findet sie, würde das Glück perfekt machen.

Der Zuschauer erlebt, wie Yerma über einen Zeitraum von fünf Jahren nach und nach verzweifelt. Hormonbehandlungen schlagen nicht an. Mutter Helen (Ilse Ritter), die nie Kinder wollte, hat kein Verständnis für die Situation ihrer Tochter und Schwester Mary (Jenny König) ist durch postnatale Depression mit Yermas Kinderwunsch überfordert. Weder Yermas Arbeitskollegen, noch ihr Partner John geben ihr psychischen Halt. Dieser Belastung kann Yerma irgendwann nicht mehr standhalten und sie zieht für sich katastrophale Konsequenzen.

Regisseur Simon Stone inszenierete bereits Theaterstücke für die Berliner Festwochen und die Salzburger Festspiele. Mit „Yerma“ knüpft er an diese Erfolge an.

Yerma: Caroline Peters
John: Christoph Gawenda
Maria: Jenny König
Victor: Konrad Singer
Helen: Ilse Ritter
Désirée: Carolin Haupt

Regie: Simon Stone
Bühne: Lizzie Clachan
Kostüme: Alice Babidge
Musik und Ton: Stefan Gregory
Licht: James Farncombe
Dramaturgie: Nils Haarmann