Wer schon immer wissen wollte wie er aus einem Foto einen Cartoon erstellt, sollte jetzt sofort alle seine Telefone vom Netz trennen, das lebenswichtige „Bitte nicht stören“ Schild vor seine Tür hängen und sein Photoshop anwerfen.
Wir fangen ganz einfach an, indem wir die Hintergrundebene doppelt anklicken.
Es erscheint der Dialog Neue Ebene.
Wir benennen sie sinnvollerweise „original“, um am Ende unser tolles Ergebnis der Cartoonumsetzung mit dem Ursprungsfoto vergleichen zu können und bestätigen mit OK.
Damit wir die Ebene nicht aus Versehen übermalen sperren wir sie vorsichtshalber, indem wir auf das kleine Schloss unter den Füllmethoden klicken.
Nun legen wir uns eine Bearbeitungskopie des Originals an, indem wir die original-Ebene mit gedrückter Maustaste auf den „Neue Ebene erstellen“-Button im Fußbereich der Ebenenpalette ziehen und loslassen. In unserem Beispiel nennen wir sie „cartoon_grundlage“. Diese Kopie ist die Grundlage für unsere Konturenebene.
Doch vorher müssen wir noch einige Vorbereitungen treffen.
Um gute Konturen zu erhalten muss das Bild kontrastreich und die Farben stark gesättigt sein.
Entsperren nicht vergessen, sonst kann mit der Ebene nicht gearbeitet werden.
Zuerst heben wir die Mitten im Foto an, indem wir die Gradationskurve (Strg/Cmd+M) oder die Tonwertkorrektur (Strg/Cmd+L) benutzen.
Dadurch erhalten wir nicht zu feine, sondern nur grobe Konturkanten in der weiteren Bearbeitung.
Falls das Ausgangsfoto insgesamt farblich sehr neutral oder flau ist verstärken wir nun die Farbsättigung um den übersättigten Cartoonlook zu erhalten.
Dafür öffnen wir den Farbton/Sättigungs-Dialog (Strg/Cmd+U) und erhöhen die Sättigung.
Der wichtigste Prozess beim Photo-Cartoonizing ist das Verstärken der wichtigen bildwirksamen Konturen, welche im späteren Verlauf koloriert werden.
Falls die eigene Photoshop-Version schon die Funktion Smartfilter unterstützt (ab CS3), sollte man diese jetzt nutzen, da wir im folgenden mit 2 Filtern arbeiten, die je nach Ausgangsfoto verschieden eingestellt werden müssen. Dazu gehen wir auf Filter/Für Smartfilter konvertieren.
Der Filter Tontrennung/Kantenbetonung liefert uns mit der Funktion Kantenbetonung schon eine gute Grundlage, die Kontrastkanten im Bild als schwarze Konturkanten zu verstärken.
Damit jedoch nicht zu viele Feinheiten und Details mit einbezogen werden, sondern nur die für Cartoons typischen Outlines müssen wir die Flächen im Foto vorbehandeln.
Dies lässt sich sehr komfortabel und wortwörtlich mit dem Weichzeichnungsfilter “Matter machen” bewerkstelligen, da dieser markante Konturen größtenteils unangetastet lässt und nur Flächen weichzeichnet. Dazu auf Filter/Weichzeichnungsfilter/Matter machen… gehen die Werte so einstellen, dass keine Details mehr zu erkennen sind, also nur noch farbliche Flächen vorhanden sind.
Die Einstellungen hierbei regulieren größtenteils den Detailgrad der späteren Cartoon-Outlines, da in stärker weichgezeichneten Flächen keine Konturen mehr gefunden werden können. Der Radius-Regler bestimmt den Radius, indem benachbarte Pixel farblich angeglichen werden, der Schwellenwertregler steuert die Intensität.
Nun erstellen wir die Outlines, indem wir auf Filter/Kunstfilter/Tontrennung & Kantenbetonung… gehen und alle 3 Werte zwischen 1 und 3 regulieren.
Die Regler Kantenstärke/-deckkraft sollten selbsterklärend sein, der Tontrennungs-Regler steuert die Anzahl der Farbabstufungen in einem farblich ähnlichen Bereich. Die Einstellung 2 ist hier sehr gut geeignet, da wir dadurch neben dem grundlegenden Tonwert der für jede Farbfläche hellere Highlights und dunklere Schattenbereiche erhalten, an denen wir uns in der späteren Kolorierung richten können.
Um die Outlines aus der Ebene cartoon_grundlage zu extrahieren, erstellen wir nun erst einmal wieder eine Kopie und nennen diese outlines; wenn wir mit dem Smartfilter gearbeitet haben, müssen wir die Ebene noch rastern (rechte Maustaste/Ebene rastern). Danach gehen wir auf Bild/Korrektur/Schwellenwert… und stellen den Wert auf 1.
Nun wählen wir mit dem Zauberstab einen weißen Bereich aus und gehen auf Auswahl/ähnliches auswählen. Um die weißen Bereiche zu löschen gehen wir auf Bearbeiten/Löschen. Die outlines-Ebene besitzt jetzt nur noch die schwarzen Konturen. Jetzt beginnt das eigentliche Kolorieren. Wir erstellen eine weitere Ebene, nennen diese z.B. colorize und verschieben sie mit gedrückter Maustaste unter die outlines-Ebene, damit diese beim Einfärben sichtbar bleibt.
Zum flächigen Einfärben eignet sich am besten das Buntstiftwerkzeug (B) mit 100% Deckkraft. In diesem Beispiel erstellen wir eine dem Original ähnliche Version, indem wir mit der Pipettenfunktion (mit gedrückter Strg-/Apfeltaste) einen Mausklick auf die gewünschte Farbe der cartoon_grundlagen-Ebene setzen.
Mit der aufgenommenen Farbe können wir nun die gewünschte Fläche „ausmalen“. Natürlich können die Farben vom Original auch total abweichen. Man sollte sich jedoch auf einige wenige Farben beschränken, da so der Cartoon-Charakter besser herüberkommt.
Will man sich die Möglichkeit offen lassen im Nachhinein noch einmal die Farben abzuändern, so kann man jetzt einzelne Elemente in eigenen Ebenen gruppieren (Strg/Cmd+G), indem man Flächen mit dem Zauberstab und geringer Toleranz (10) kopiert und in neue Ebenen (Shift+Strg/Cmd+N) einfügt, die man sinnvollerweise gleich beim Erstellen mit eindeutigen Namen versieht.
Die Auswahl eines einzelnen Objekts kann so jederzeit (durch gedrückte Strg/Cmd-Taste + linksklick) auf die betreffende Ebene getroffen werden.
Wenn alles koloriert wurde, kann man sich dem Setzen von Schatten und Highlights zuwenden. Dafür gibt es wie immer in Photoshop mehrere Möglichkeiten.
Eine wäre z.B. das Anlegen einer Highlight- und einer Schatten-Ebene, welche auf geringe Deckkraft von beispielsweise 20% gesetzt werden. Bei den Schatten wird die Vordergrundfarbe auf schwarz, bei den Highlights auf weiss gesetzt.
Wie bevorzugen aber eine andere Technik. Mit dem Abwedler- und Nachbelichterwerkzeug kann man wesentlich zielgerichteter aufhellen bzw. abdunkeln.
Wir stellen den Bereich auf Mitten, der Belichtungswert steuert die Stärke des Aufhellens/Abdunkelns. Wie man es von z.B. Buntstiften/Wasserfarben kennt, verstärkt sich der Effekt umso öfter man einen Bereich übermalt.
Man muss nicht so sauber arbeiten, da wir am Ende noch einmal einen den Weichzeichnungsfilter Matter machen mit individuellen Einstellungen über das Bild legen. Dadurch werden feinere Abstufungen erzeugt.
Zu einem richtigen Cartoon gehört natürlich noch die Sprechblase (oder bubble), die je nach Lust und Laune mit zeitkritischen Floskeln, schwarzem Humor oder persönlichen Inhalt gefüllt werden kann.
Die Sprechblase kann man entweder mit dem Buntstiftwerkzeug (B) auf voller Deckkraft oder aber sauberer mit dem Pfadwerkzeug erstellen. Dazu das Zeichenstift-Werkzeug (P) wählen und eine Sprechblase aufziehen.
Dabei fängt man z.B. beim Keil der Sprechblase an, setzt die ersten 2 Punkte als Gerade durch einfaches Klicken, bei den Kurvenpunkten muss mit gedrückter Maustaste der Bogen aufgezogen werden. Mit dem Anfasser steuern wir die Krümmung der Kurve in aufgezogene Richtung. Den letzten Punkt setzt man (mit gedrückter Alt-Taste) unter dem zweiten, um von der Kurve wieder zu einer Gerade zu wechseln. Zuletzt klickt man dann noch auf den Startpunkt und der Pfad der Sprechblase ist geschlossen. Anschließend die Pfade-Palette öffnen und unten auf Pfad als Auswahl laden klicken.
In einer eigenen Ebene mit dem Namen bubble wird die Auswahl nun mit weiß oder einer anderen beliebigen Farbe mit dem Füllwerkzeug (G) gefüllt. Die Ebenenstile geben einem nun viele Möglichkeiten, die bubble wie eine richtig echte Sprechblase aussehen zu lassen. Wir haben uns für die Einstellungen Kontur/lineare Kurve/25% Bereich und Glanz/lineare Kurve/100% Deckkraft entschieden.
Nun fehlt nur noch der Text in der Sprechblase und das berühmte Copyrightsymbol samt Jahreszahl und Künstlernamen am unteren oder rechten Rand. Am besten verwendet man dafür eine unauffällige Farbe die sich nicht so stark vom Hintergrund abhebt und wendet wieder ein paar Ebenenstile an, um den Text ein wenig plastisch wirken zu lassen, z.B. mit Schlagschatten/Kontur.
Et voilà, unser Cartoon ist fertig.
Wenn man alle Ebenen außer der Original-Ebene noch schnell in eine Gruppe packt (Strg/Cmd+G), kann man einen schnellen Vorher/Nachher-Vergleich anstellen, indem man die gruppierten Ebenen durch klicken auf das Auge links neben der Gruppe selbst ausblendet.