Dokumentation zum Besucherbergwerk F60

Wie eine postapokalyptische Landschaft mutet das riesige Areal des Besucherbergwerks F60 in der Lausitz an. Weitläufige Landschaft so karg wie die Mondoberfläche und mitten drin ein stählerner Koloss, der an einen umgestürzten Eiffelturm erinnert. Doch zwischen den Gerüststelen und den Sandbergen liegt auch eine Schönheit verborgen, die es durch das fotografische Auge sichtbar zu machen gilt.
Noch in den Achtziger Jahren wurde in zahlreichen ostdeutschen Gebieten eine Vielzahl von Rohstoffen – allen voran Kohle – abgebaut. In riesigen Förderanlagen und auf quadratkilometergroßen Flächen wurde die Kohle zu Tage befördert und zur Weiterverarbeitung abtransportiert. Die Förderbrücke F60 im Lausitzer Braunkohlerevier ist ein Relikt aus dieser Zeit. Zwar sind noch vier der insgesamt fünf Brücken dieser Serie in Benutzung, doch auch die letzte gigantische Fördermaschine wird irgendwann von umweltverträglicheren Windkraftanlagen abgelöst werden. Die Förderbrücke F60 nahe der Ortschaft Lichterfeld war Anfang der Neunziger Jahre nur knapp eineinhalb Jahre in Betrieb. Seitdem steht sie Besuchern offen, die sich selbst ein Bild von der größten beweglichen technischen Arbeitsmaschine der Welt machen möchten.

Die Dimensionen sind schier unglaublich: Über 500 Meter lang, 200 Meter breit und fast 80 Meter hoch ist die Förderbrücke F60. Aus über 11.000 Tonnen Stahl besteht das Gerüst. Allein durch diese Merkmale ist es schon ein besonderes Erlebnis, die Brücke zu betreten und den Blick über die Lausitzer Landschaft schweifen zu lassen. Die Macht der Technik und der Maschinen ist deutlich zu spüren, fast schon zu greifen in der kalten Luft. Wie viel Kraft dieser Stahlgigant hatte oder wie viele Tausend Tonnen Erde schon abgeräumt wurde, ist nur schwer in Worte zu fassen. Die Ausmaße sind schlicht zu gewaltig für die gewöhnliche Vorstellungskraft. So betritt man den Koloss mit einer Mischung aus Respekt und Ehrfurcht aber auch einer flackernden Neugier. Eine Entdeckungsreise in eine fremde Welt beginnt.

Fotografisch gesehen ist das Besucherbergwerk in der Lausitz eine wahre Spielwiese. Die unterschiedlichen Formen, Farben und Linien bieten genügend Abwechslung, um sich kreativ stundenlang auszutoben. Die Unterteilung des Bildes mithilfe von natürlichen Linien macht die Komposition spannend und erfrischend. Allerdings ist ein Shooting auf und unter der Brücke auch eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Die Ausmaße in einer Art und Weise einzufangen, die die Größe der Maschine erkennbar werden lässt, ist kein leichtes Unterfangen. Zudem wirkt die Szenerie mit bloßem Auge karg und leblos. Auf einigen Aufnahmen erhält das Motiv durch die Wahl einer Fischaugen-Optik zusätzliche Dynamik, die dem kalten Stahl gut zu Gesicht steht.
Die spezielle Brückenform eignet sich besonders für Motive mit einem zentralen Fluchtpunkt, dem die Metallstelen symmetrisch entgegenlaufen. Der Blick wird auf diese Weise automatisch auf den Bildmittelpunkt gelenkt und der Betrachter kann sich einen Eindruck von den Dimensionen machen. Diese Platzierung des Motives findet sich auch oft in der Architekturfotografie, die sich mit ähnlichen Situationen auseinandersetzen muss.
Sehr spannend ist in diesem Zusammenhang auch der Einsatz von weitwinkeligen Objektiven in Kombination mit einer kleinen Blende. In der direkten Nähe und sogar noch am Horizont werden die Details scharf abgebildet, was dem Bildfeld des menschlichen Auges eher gleicht als hohe Brennweiten und Unschärfe. Ein panoramaartiger Blick offenbart dazu die Höhe des Konstrukts und ordnet die eigene Position in die Szenerie ein.


Das Shooting auf und an dem „liegenden Eiffelturm“ des Besucherbergwerks F60 war eine einzigartige Erfahrung – nicht nur in fotografischer Hinsicht, sondern ganz allgemein auch für die eigene Betrachtung der Beziehung zwischen Mensch und Umwelt. Die Größenverhältnisse wie die der Brücke sind alles andere als alltäglich und offenbaren den unbändigen Willen des Menschen, die Grenzen der Technik wieder und immer wieder zu überwinden und damit auch der Ausbeutung von Ressourcen und der Vernichtung unserer Lebensgrundlagen Vorschub zu leisten. Der dadurch resultierende kontinuierliche und rasante Fortschritt bestimmt unser Zeitalter wie keines zuvor und wird unsere und die nächsten Generationen – hoffentlich im Sinne von Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Bewahrung unserer Lebensgrundlagen  – mehr prägen als alles andere. Der Blick auf den Stahlkoloss durch eine Kamera mit einem wirklichkeitsverzerrenden Objektiv macht die Betrachtung noch einmal interessanter und eindrücklicher.
Wer ebenfalls Interesse an einem Ausflug zum Besucherbergwerk F60 gefunden hat, erhält weitere Informationen auf der Website www.f60.de.